Liebe Zupfmusiker*innen in Bayern,
Einen Brief zum Jahreswechsel zu schreiben, fällt mir dieses Jahr noch schwerer als im letzten Jahr. Zu bedrückend ist die Situation, in der sich Musiker im Moment befinden: Professionellen Musikern droht die Existenzgrundlage verloren zu gehen, und Amateurmusikern fehlt zunehmend das gemeinsame Musizieren mit Gleichgesinnten, das z.B. als Ausgleich zum Beruf Teil ihres Lebens ist. Umso wichtiger ist es, dass ich Ihnen dennoch schreibe: Trotz aller pandemiebedingten Einschränkungen gibt es auch dieses Jahr von erfreulichen Ereignissen zu berichten, und ich bin zuversichtlich, dass es eine Zeit nach der Pandemie gibt, auf die wir uns vorbereiten sollten.
Beginnen möchte ich mit einem kurzen Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr:
Was in diesem Jahr wann möglich war, wurde maßgeblich durch die Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen (BayIfSMV) und die darauf aufsetzenden Rahmenkonzepte für kulturelle Veranstaltungen sowie Hygienekonzepte für Proben in den Bereichen Laienmusik und Amateurtheater bestimmt. Das klingt erst einmal negativ, ist aber das erfreuliche Ergebnis hartnäckig vorangetriebener Gespräche des Bayerischen Musikrates (BMR) mit Bayerischen Ministerien, in denen der BMR sich auch für die Laienmusik stark gemacht hat. Am 19. Mai 2021 war es endlich so weit: In gemeinsamen Bekanntmachungen der Bayerischen Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst und für Gesundheit und Pflege wurden Rahmen- und Hygienekonzepte herausgegeben, die unter Auflagen Konzerte und die dafür nötigen Proben erlaubten.
In begrenztem Umfang fanden dann sehr schnell Proben und teilweise sogar Konzerte statt: Alle Ensembles, zu denen ich Kontakt hatte, nutzen die Gelegenheit zum gemeinsamen Proben im Rahmen der von der BayIfSMV zugelassenen Möglichkeiten. Die folgende Aufzählung ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit – ich bekomme gerade die Antworten auf eine durch den Bayerischen Landtag und den Bayerischen Musikrat initiierte Umfrage von unseren Vereinsorchestern zurück, die mich zuversichtlich stimmt.
Am 26. Juni 2021 konzertierte das Vivaldi-Orchester Karlsfeld, das 2020 auf sein 50-jähriges Bestehen zurückblicken konnte, unter dem Titel „O’zupft is“ unter Einhaltung aller Schutzmaßnahmen nach nicht einmal zwei Monaten Präsenzprobe vor Publikum. Feierlich begangen werden soll das Jubiläum am 7. Mai 2022. Das Zupfmusikensemble „musica a corda“ nahm seine Präsenzproben unter Einschränkungen im Juni wieder auf und war am 18. Juli 2021 erstmalig seit seiner Gründung 1990 im Live-Stream zu hören. Am 14. November gab es sogar einen Workshop des gesamten Orchesters mit Silvan Wagner als Dozenten! Auch hier wird es 2022 wohl mit zwei Jahren Verspätung zu einer Jubiläumsfeier kommen. Das Zupf-Ensemble Lohr hat bei seinen Präsenzproben das Festkonzert für sein 40-jähriges Jubiläum am 21. Mai 2022 im Blick. Mit der Aussicht auf eine Konzertreise nach Luxemburg vom 25.-28. März 2022 probt der Münchener Mandolinenzirkel.
Der Deutsche Orchesterwettbewerb „virtuell. Virtuos“ fand dieses Jahr unter ganz neuen Bedingungen statt: Aufnahmeteams besuchten die teilnehmenden Orchester vor Ort und nahmen deren Wettbewerbsbeiträge in professioneller Tonqualität auf. Die Entscheidung der Jury unter Vorsitz von Prof. Dieter Kreidler wurde am 15. Dezember bekanntgegeben. In der Sparte Zupforchester blieb das Ensemble Roggenstein unter Leitung von Oliver Kälberer seinem exzellenten Ruf treu: Die Bewertung „mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“ spricht für sich. Glückwunsch zu dieser Leistung unter erschwerten Bedingungen! Die Aufnahmen des Ensembles Roggenstein können übrigens seit heute im Internet angehört werden: http://www.ensembleroggenstein.de/a/dow.html.
Vom 8.-10. Oktober fand in Schweinfurt der International Yasuo-Kuwahara-Wettbewerb für Mandoline solo statt. Mit Antonia Platzdasch nahm auch ein junges Talent aus Bayern teil! Die ersten drei Preise gingen an Laura Engelmann (D), Marine Moletto (FR) und Héctor Marin Téllez (ES).
In Zeiten des Lockdowns wurden Möglichkeiten der online-Zusammenarbeit entwickelt und ausprobiert. Plattformen wie Zoom oder Skype wurden für „Einwegproben“ genutzt (Mikrofone nur auf einer Seite eingeschaltet, weil die zeitliche Verzögerung von bis zu 1 Sekunde keine anderen Möglichkeiten zulässt). Fachkundig unterstützt vom BDZ Bundesverband hat es z.B. beim Zupfmusikensemble „musica a corda“ in kleiner Gruppe (bis zu sechs Spieler) online-Proben mit Jamulus gegeben, bei denen nach einer längeren Eingewöhnung die gemeinsame musikalische Arbeit an neuen Stücken möglich war – eine Präsenzprobe an musikalischen Feinheiten konnte das aber nicht ersetzen. Der Münchener Mandolinen-Zirkel hat ein Weihnachtsvideo 2020 mit dem Titel „Hana“ erstellt und sich mit „Brezza verspertina“ an ein weiteres Video-Projekt gewagt.
Ein Höhepunkt für den BDZ LV Bayern war sicherlich das ausgebuchte 50. Schweinfurter Seminar für Mandoline, Gitarre und Kammermusik vom 8.-15. August 2021 in Hammelburg. Wir hätten uns natürlich gewünscht, das Jubiläum öffentlich feiern zu können, aber das haben die Schutzmaßnahmen nicht zugelassen. Über 30 Teilnehmer*innen genossen aber trotzdem inspirierende Unterrichtsstunden bei erstklassigen Dozenten und das gemeinsame Musizieren miteinander. Besonders hervorzuheben ist, dass es gelungen war, den international renommierten Gitarristen und Komponisten Máximo Diego Pujol aus Argentinien als Dozenten zu gewinnen, der glücklicherweise mehrere Termine in Deutschland hatte (nur so ließ sich die Quarantäne, die er nach der Einreise absolvieren musste auch rechtfertigen). Sein Open-Air Konzert am Dienstag, den 10. August war für das Publikum ein Genuss.
Der Ausblick auf das neue Jahr fällt unter den jetzigen Umständen schwer: Die bevorstehenden Jubiläumsveranstaltungen habe ich schon erwähnt – hoffen wir alle, dass sie wie geplant stattfinden können! Am 14. Mai 2022 soll es in Wirges einen Wettbewerb für Orchester im BDZ geben, am 12. November 2022 in Trossingen einen Wettbewerb für Auswahlorchester. Weitere Termine zu Kursen werden Sie, sowie ein wenig Planungssicherheit besteht, auf unserer Homepage finden https://www.bdz-bayern.de/veranstaltungen.html.
Besonders hinweisen möchte ich Sie auf die Unterstützung, die derzeit immer wieder auf Bundesebene oder Seitens des Bayerischen Musikrates angeboten wird. Potentiell interessante Informationen leite ich per E-Mail weiter. Wenn Sie Fragen dazu haben, schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an (da ich ehrenamtlich tätig bin, gerne Abends)! Gehen Sie regelmäßig auf die Seiten des BDZ Bundesverbandes https://zupfmusiker.de/, des Bundesmusik-verbandes Chor und Orchester https://bundesmusikverband.de/ und des Bayerischen Musikrates https://www.bayerischer-musikrat.de/.
Mit den besten Wünschen für ein friedvolles Jahr 2022 grüßt Sie herzlich Ihr
Dr. Thomas Hammer, Präsident